Projekt "Interaktive Bedeutungskonstitution"

Formulierung von Interpretationen

Manchmal formuliert oder reformuliert ein Sprecher, was ein anderer getan, gemeint, oder impliziert hat, und bietet dem anderen diese Formulierung zur Bestätigung an. Wir bezeichnen solche Redebeiträge als ‚Formulierung einer Interpretation‘. Solche Interpretationen können ein Versuch sein, Verstehen zu klären. Häufig haben sie Funktionen, die über die Verstehensklärung hinausgehen. 

 Im folgenden Beispiel erklärt Philipp die Rolle von „Kooperationspartnern“ im Rahmen seiner angestrebten Ausbildung in Form von zwei TCUs (Zeilen 28-29). Anita reformuliert diese Erklärung, und gestaltet die Reformulierung so, dass ihre Ungläubigkeit über den behaupteten Sachverhalt zum Ausdruck kommt (Zeilen 32-34):

Formulierungen von Interpretationen sind ein Versuch, die ‚Bedeutung‘ eines vorherigen Turns zu benennen, zu verschieben, oder anderweitig seine Relevanz für die laufende Interaktion zu gestalten. In institutionellen Kontexten wie etwa Psychotherapie oder Radiointerviews sind Interpretationen häufig untersucht worden. Wir wollen auch einen Überblick über Praktiken und Funktionen von Formulierungen in informellen Interaktionen schaffen. Das Teilprojekt erforscht den Grenzbereich zwischen den interaktionalen Phänomenen der ‚Reparatur‘ und der ‚Formulierungen‘, und kann so einen Beitrag zu einem interaktionalen Verständnis von Bedeutung leisten.

Momentan arbeiten wir an den folgenden Themen:

  • Wie elaborieren Formulierungen, die syntaktisch als Weiterführung eines Redebeitrags des Vorsprechers gestaltet sind, den bisherigen Handlungsablauf?
  • Wie werden Formulierungen zu affiliativen und disaffiliativen Zwecken eingesetzt?
  • Welche sozialen Handlungstypen lassen sich im Bereich der 'Formulierung einer Interpretation' unterscheiden?

Publikationen:

  • Deppermann, Arnulf (2011a): The Study of Formulations as a Key to an Interactional Semantics. In: Human Studies 34, 2, S. 115-128. PDF
  • Deppermann, Arnulf (2011b): Notionalizations: The transformation of descriptions into categorizations. In: Human Studies 34, 2, S. 155-181. PDF
  • Deppermann, Arnulf / Helmer, Henrike (2013): Zur Grammatik des Verstehens im Gespräch: Inferenzen anzeigen und Handlungskonsequenzen ziehen mit also und dann. In Zeitschrift für Sprachwissenschaft 32, 1, S. 1–39. PDF
  • Helmer, H. & Zinken, J. (in press). Das heißt (‘that means’) for formulations and du meinst (‘you mean’) for repair? Interpretations of prior speakers’ turns in German. Research on Language and Social Interaction
  • Zinken, J. & Kaiser, J. (submitted). Formulating other minds in social interaction: Accountability and courses of action.

Ansprechpartner: PD Dr. Jörg Zinken, zinken(at)ids-mannheim.de, Dr. Henrike Helmer, helmer(at)ids-mannheim.de; Dr. Julia Kaiser, kaiser(at)ids-mannheim.de