Erste Studie

Die erste Untersuchung erkundete generell, wie Onlinewörterbücher verwendet werden sowie welche Ansprüche Nutzer an Onlinewörterbücher stellen. Durch die weltweite Zielgruppe der Befragten wurde sie auf Deutsch und Englisch durchgeführt. Die Studie wurde in Form eines Onlinefragebogens realisiert, dessen Beantwortung 10 bis 20 Minuten in Anspruch nahm. Die Umfrage setzte sich aus sechs großen Bestandteilen zusammen:

  • Einleitung (Sprachauswahl, Rahmenbedingungen der Studie),
  • Frageblock zur Internetnutzung (z. B. Häufigkeit, Dauer, Selbstexpertise),
  • Frageblock zur Verwendung von Printwörterbüchern (z. B. benutzte Wörterbuchtypen),
  • Frageblock zur Verwendung von Onlinewörterbüchern (z. B. benutzte Wörterbuchtypen, genutzte Geräte, Tätigkeiten, Anlässe der Verwendung, Ansprüche an Onlinewörterbücher),
  • Frageblock zur Soziodemografie (z. B. Geschlecht, Alter, Beruf),
  • Abspann (Dank, Details zur Verlosung).

Bei der Erstellung der Umfrage wurde großer Wert darauf gelegt, den Text durch zahlreiche Beispiele und erläuternde Überleitungsseiten auch für Laien verständlich zu gestalten. Der Fragebogen wurde zum einen auf dem Umfrageportal "Forschung erleben", einer Plattform der Lehrstühle für Sozialpsychologie der Universität Mannheim, geschaltet. Zum anderen wurde der Aufruf zur Teilnahme per E-Mail über Mailinglisten unterschiedlicher Organisationen (beispielsweise der Linguist List, der Euralex oder des U-Forums) sowie an Multiplikatoren (beispielsweise Lehrende an Hochschulen) verschickt. Die Umfrage war vom 9. Februar bis zum 14. März 2010 freigeschaltet. Insgesamt 684 Probanden beendeten den Fragebogen.

53,65 Prozent der Teilnehmer führten die Befragung auf Englisch durch, 46,35 Prozent auf Deutsch. Bei der großen Mehrheit der Probanden handelt es sich um häufige und erfahrene Internetnutzer:

  • 78,9 Prozent nutzen das Internet täglich,
  • 76,6 Prozent nutzen das Internet sowohl privat als auch beruflich,
  • 76,9 Prozent haben bei ihrer Suche im Internet schon einmal Operatoren und 82,5 Prozent schon einmal die erweiterte Suche verwendet,
  • 77,3 Prozent schätzen ihren eigenen Expertenstatus bezüglich des Internets auf einer deutschen Schulnotenskala zwischen 1 und 3 ein.

Fast alle der Befragten (97,8 Prozent) haben bereits einmal ein Onlinewörterbuch verwendet, davon 96,6 Prozent ein bilinguales und 88 Prozent ein monolinguales Wörterbuch. Bei der Nutzung der einzelnen Typen einsprachiger Onlinewörterbücher ergeben sich signifikante Unterschiede, wenn man die Antworten nach der im Fragebogen verwendeten Sprache aufteilt: So nennen im deutschen Fragebogen nur 66,7 Prozent der Befragten, die schon einmal ein monolinguales Onlinewörterbuch verwendet haben, das allgemeine Wörterbuch. In den englischen Fragebögen sind es 92 Prozent. Auch Wörterbücher für sinnverwandte Wörter werden in den englischen Fragebögen (65,6 Prozent) signifikant häufiger genannt als in den deutschen (55,7 Prozent). Anders sieht es hingegen bei den Rechtschreibwörterbüchern aus: Diese werden in den deutschen Fragebögen (54,4 Prozent) signifikant häufiger erwähnt als in den englischen (19,9 Prozent). Diese Ergebnisse bestätigen die bisherigen Vermutungen in der Metalexikografie und belegen diese mit konkreten Zahlen. Auf die Frage, ob sie häufiger Print- oder Onlinewörterbücher verwenden, antworteten 47,7 Prozent der Befragten, hauptsächlich Onlinewörterbücher zu nutzen. Die zweitgrößte Gruppe (40,9 Prozent) entschied sich für "sowohl als auch". Damit konzentrieren sich die meisten Befragten im Bereich der Onlinewörterbücher, wobei wiederum nur sehr wenige (3 Prozent) angaben, ausschließlich Onlinewörterbücher zu verwenden.

So gut wie alle Probanden nutzen Onlinewörterbücher am häufigsten mit einem Desktop-PC (56,5 Prozent) oder einem Notebook / Netbook (42,5 Prozent). Geräte mit einem kleineren Display, wie Handys oder PDAs, spielen bei den Probanden hingegen keine große Rolle (1 Prozent). Dies ist vor allem für die Wörterbuchmacher bei der Seitengestaltung interessant.

Die Mehrheit der Probanden nutzt Onlinewörterbücher sowohl beruflich als auch privat (54,7 Prozent) oder hauptsächlich beruflich (33,3 Prozent). Besonders oft verwenden die Befragten Onlinewörterbücher bei aktiven oder häufig ausgeübten Tätigkeiten (wie dem Übersetzen oder dem Schreiben). Bei seltener ausgeübten oder passiven Tätigkeiten (wie bei "ohne speziellen Grund / um zu stöbern" oder dem Lesen) werden Onlinewörterbücher hingegen deutlich weniger genutzt.

Anlässe zur Nutzung von Onlinewörterbüchern wurden in der Studie noch detaillierter abgefragt: Die einzelnen Anlässe waren dabei in einen rezeptiven und in einen produktiven Block eingeteilt und jeweils nach Mutter- und Fremdsprache unterschieden. Im Ergebnis zeigte sich, dass Onlinewörterbücher für Anlässe in der Fremdsprache häufiger genutzt werden als in der Muttersprache, was sich mit dem unterschiedlichen Grad der Sprachbeherrschung begründen lässt. Die einzige Ausnahme bildet die Suche nach sinnverwandten Wörtern. Bei der Textrezeption sind Verständnisprobleme der häufigste Anlass, in einer Fremdsprache ein Onlinewörterbuch zu verwenden, bei der Textproduktion sind es Fragen der Übersetzung, der Verwendung und der Schreibung eines Wortes. Alle Unterschiede sind hochsignifikant.
In einer weiteren Gruppe von Fragen sollten die Probanden zehn mögliche Merkmale guter Onlinewörterbüchern nach ihrer Wichtigkeit bewerten:
  • Vernetzung mit dem Korpus,
  • Übersichtlichkeit in Menüführung und Struktur der Seite (um Informationen schnell auffinden zu können),
  • Adaptivität der Benutzeroberfläche (um sie an die eigenen Ansprüche anpassen zu können),
  • Vernetzung mit anderen Onlinewörterbüchern (Präsentation von Links zu anderen Onlinewörterbüchern),
  • Animation zum Stöbern (Präsentation anderer, möglicherweise interessanter Suchergebnisse),
  • regelmäßige Aktualisierung (Verbesserung von Fehlern und Onlinestellen neuer Wortartikel),
  • inhaltliche Verlässlichkeit (hinsichtlich Richtigkeit und Urheberschaft der Angaben),
  • Schnelligkeit (keine / kaum Wartezeit beim Seitenaufbau),
  • multimediale Gestaltung (Einbindung von z. B. Grafiken oder Audiodateien) und
  • längerfristige Erreichbarkeit (der einzelnen Artikel unter der bisherigen Internetadresse).
Unter anderem sollten die Merkmale auch in eine persönliche Reihenfolge von 1 (am wichtigsten) bis 10 (am unwichtigsten) gebracht werden. Die klassischen Merkmale von Nachschlagewerken (wie inhaltliche Verlässlichkeit oder Übersichtlichkeit) rangieren dabei auf den beiden vorderen Plätzen. Die Merkmale, die allein Onlineangebote besitzen können (wie Multimedialität, Adaptivität, Vernetztheit mit dem Korpus und anderen Wörterbüchern), werden hingegen als wenig wichtig eingestuft. Überraschend ist hier vor allem die probandenübergreifende Einigkeit der Bewertung, denn nennenswerte gruppenspezifische Unterschiede (beispielsweise bei bestimmten Berufs- oder Altersgruppen) bestehen nicht.
Die Ergebnisse der ersten Umfrage werfen viele weitere Fragen auf. Die zweite Befragung setzt genau an diesen Punkten an und nähert sich unter anderem den folgenden Fragen: Was verstehen die Probanden genau unter den als wichtig eingeschätzten Merkmalen von Onlinewörterbüchern? Werden unterschiedliche Einzelaspekte der als unwichtig eingeschätzten Merkmale von den Probanden differenziert bewertet? Außerdem sollen empirische Erkenntnisse dazu gewonnen werden, wie die Probanden unterschiedliche visuelle Repräsentationen (Ansichten) desselben Inhalts bewerten.