Konzeption
"Schulddiskurs 1945 - 1955"
Der Untersuchungsfokus war ausgerichtet auf das thematische, argumentative und lexikalisch-semantische Potenzial des Schulddiskurses, um ihn in diesem Sinn als Umbruchphänomen in die pragmatisch-diskursiv ausgerichtete Sprachgeschichte nach 1945 einzuordnen.
In einer kontextbezogenen Analyse wurden der Diskursgegen¬stand (das Thema "Schuld"), die argumentative Repräsentierung dieses Gegenstands und die lexikalische Realisierung der Argumentationen zueinander in Beziehung gesetzt.
Absicht war, die Diskursvoraussetzungen als Bedingungen für die linguistisch manifesten und beschreibbaren Phänomene darzustellen und diese als sprachhistorische Tatsachen zu bewerten und einzuordnen. Diese sprachhistorische Bewertung und Einordnung geschieht im Sinn einer Geschichte des sprachlichen Umbruchs.
Es wurden drei Diskursperspektiven unterschieden. Diese Perspektiven sind bestimmt durch die Beteiligungsrollen, welche die Sprecher in der Nazizeit innehatten: Opfer (Verfolgte des Nationalsozialismus, KZ-Gefangene), Täter (Funktionsträger des Nationalsozialismus in den Jahren 1933 bis 1945) und Nichttäter, die weder verfolgt wurden noch verfolgt haben (Politiker, Theologen, Juristen, Literaten, Wissenschaftler, Philosophen).
Vorausgesetzt wurde:
- Das Reden der Opfer, Täter und Nichttäter über Schuld ist von ihrer jeweiligen Beteiligungsrolle her bestimmt.
- Die Kontrastierung dieser drei Schulddiskurse deckt die Dimensionen des Schulddiskurses in seinen Funktionen auf.
- Die lexikalische und argumentative Ausdifferenzierung des Schulddiskurses wird auf diesen drei Ebenen repräsentiert.