61. Jahrestagung des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache:

Deutsch im Wandel

11. bis 13. März 2025
Congress Center Rosengarten Mannheim

Organisation: Annelen Brunner, Gabriele Diewald, Sandra Hansen, Kristin Kopf und Angelika Wöllstein

Tagungskonzeption

Dass Sprache sich permanent verändert, ist in der Forschung Konsens und Binsenweisheit zugleich. Sichtbar werden diese Veränderungen und die dahinterstehenden großen Linien aber, je nach Betrachtungsebene, oft erst mit größerem zeitlichen Abstand. Wer zu Wandel in jüngerer Zeit forscht, steht daher oft vor besonderen Herausforderungen: Je kürzer der beobachtete Zeitraum, desto schwieriger ist es, Variation oder okkasionellen Gebrauch von tatsächlichen Veränderungen zu trennen.

Die Untersuchung von Sprachwandel im Neuhochdeutschen unterscheidet sich deutlich von der älterer Sprachstufen. Die Produktions- und Kommunikationsbedingungen haben sich erheblich verändert. Sprachliche Neuerungen können sich durch neue Technologien (Telefon, Radio, Fernsehen, Internet) anders und schneller verbreiten oder aber auch erst von ihnen hervorgerufen werden. Immer mehr Sprecherinnen und Sprecher erwerben eine gesprochene Form des Standards oder einen Regiolekt, aber die dialektale Vielfalt hat sich im vergangenen Jahrhundert in großen Teilen des deutschen Sprachraums stark reduziert.

Wir erhalten zunehmend ein breiteres Bild der Sprachwirklichkeit: Neue Korpora enthalten immer mehr sprachliche Äußerungen nicht-professionell Schreibender und Sprechender (z.B. in Form von Chats, Textnachrichten, Forendiskussionen, Tweets, Gesprächen) und gewinnen zunehmend an diachroner Tiefe. Dazu kommt die Möglichkeit von apparent-time-Untersuchungen und generell beobachtender und experimenteller Ansätze. Einhergehend mit dem wachsenden Trend der modernen empirisch arbeitenden Linguistik, Daten reproduzierbar zu erheben und nachhaltig zu archivieren, werden potenziell mit jeder synchronen Studie die Grundlagen für diachrone Analysen in der Zukunft geschaffen.

Vor diesem Hintergrund gibt die Tagung einen Überblick über aktuelle deskriptive, theoretische und methodische Erkenntnisse aus dem Bereich der Sprachwandelforschung und einen Ausblick auf ihre Potenziale. Im Fokus des Interesses stehen dabei deutsche Varietäten der Gegenwart und jüngeren Geschichte. Beleuchtet werden aber auch Entwicklungen, die sich als große Linien durch die Sprachgeschichte ziehen, ebenso werden Vergleiche von Wandelprozessen in älteren Sprachstufen mit solchen in der Gegenwart angestrebt. Dabei werden die folgenden Themenbereiche diskutiert, die Phänomene, Dimensionen und bedingende Faktoren von Sprachwandelprozessen berühren:

  • Linien und Grundzüge des Wandels über Sprachstufen hinweg
  • Sprachliche Ebenen des Wandels und ihr Zusammenwirken
  • Eignung verschiedener Datenquellen und methodischer Ansätze zur Erforschung von Wandel und seinen Determinanten
  • Gegenwartssprachliche Reflexe historischen Wandels
  • Wandelprozesse in verschiedenen Varietäten des Deutschen
  • Sprachwandel und seine theoretische Modellierung