Kolloquium: Konzessive Konnektoren und Konzessivität im Sprachvergleich

Kolloquium am IDS Mannheim Termin: 21. November 2003
Vortragssaal, IDS Mannheim

Im Zusammenhang mit der Arbeit an einem „Handbuch der Konnektorensemantik“ veranstaltet die Projektgruppe HDK ein eintägiges Kolloquium am IDS. Ausgangspunkt des Vorhabens ist die Überzeugung, dass der Vergleich mit anderen Sprachen auch Einsichten für die Ausgangssprache befördern kann. Für den hier zur Diskussion stehenden sprachlichen Ausschnitt bieten sich mehrere Anknüpfungspunkte an, die einen Sprachvergleich lohnend erscheinen lassen.
  • Wenn eine Form der Ausgangssprache in der Vergleichssprache unterschiedliche Entsprechungen hat (bezogen auf übereinzelsprachliche funktionale Domänen wie begründen, kontrastieren, konzedieren als tertium comparationis), lassen sich daraus Rückschlüsse über Kontextbedeutungen und Gebrauchsweisen in der Ausgangssprache ziehen (eins zu viele).
  • Umgekehrt lassen sich Bedeutungsaffinitäten zwischen verschiedenen Formen der Ausgangssprache erkennen, wenn eine Form der Vergleichssprache mehreren Formen in der Ausgangssprache entspricht (viele zu eins).
  • Insgesamt wird damit das Verhältnis von „Kernbedeutung“ (Grundbedeutung, core-meaning, valeur générale), Gebrauchsweisen, Kontextbedeutungen und pragmatischen Andeutungen in der Ausgangssprache besser ausgeleuchtet, und damit wird - auf einer abstrakteren Ebene - zur Klärung der Frage nach den relevanten Beschreibungsdimensionen und -ebenen der Konnektorensemantik beigetragen.
  • Die in anderen Sprachen auftretenden Differenzierungskriterien (zwischen Feldern, feldintern zwischen Feldnachbarn) können dabei helfen, ein Inventar von Merkmalen abzustecken, mit denen Konnektoren „systematisch“, d.h. in ihren paradigmatischen Bezügen erfasst werden.
  • Konnektoren zeigen in anderen Sprachen teilweise anderes Verhalten als im Deutschen, etwa die Modusrektion modaler/konditionaler Konnektoren in den romanischen Sprachen, die funktional der Kasusrektion der deutschen Raumpräpositionen ähnelt. Geht man davon aus, dass solche Form-Phänomene nicht zufällig zustandekommen, sondern semantisch funktional sind, dann zeichnet sich im Sprachvergleich deutlicher ab, wo und wie Schnittstellen der Konnektorensemantik zu anderen Semantikfeldern verlaufen und, im Rückschlussverfahren, wie die Konnektoren semantisch zu klassifizieren und in Paradigmen anzuordnen sind.
  • Nicht zuletzt durch den Einbezug von Lernerdaten in den Sprachvergleich kann das Verhältnis von linguistischer Erkenntnis und sinnvoller lerngrammatischer Aufbereitung abgesteckt werden: eine nicht unwesentliche Frage ist dabei, ob der Verzicht auf eine Bedeutungs-/ Gebrauchsdifferenzierung wie sie etwa in Wörterbüchern vorgenommen wird, zugunsten der Annahme abstrakter Grundbedeutungen grundsätzlich / nie / von Fall zu Fall sinnvoll ist.
Um eine über die Kontrastierung der Ausdrucksmittel hinausgehende gründliche Auseinandersetzung zu gewährleisten, schien uns die Beschränkung auf eine spezifische Relation der Sachverhaltsverküpfung als Vergleichsbasis angemessen. Konzessivität wurde aus mehreren Gründen exemplarisch ausgewählt.
  • Konzessivität ist semantisch eine der komplexesten und sprachlich am stärksten ausdifferenzierten Relationen und umgreift grundlegendere Relationen wie logische Konjunktion und Implikation.
  • Bei der Konzessivität stellen sich Probleme der Abgrenzbarkeit von Feldern (Adversativität bzw. Kontrast (als cover term), Konditionalität, Kausalität, Komparativität) und damit letztlich der Definition und der Verortung solcher Felder im Rahmen einer allgemeinen Konnektorensemantik sehr scharf.
  • An konzessiven Sprachmitteln manifestieren sich Prozesse der Grammatikalisierung, des diachronen Bedeutungswandels und des pragmatischen Inferenzierens besonders prägnant.
Donnerstag, 20.November 2003, 19.00: Begrüßungsabend im Restaurant San Remo (Friedrichsring, Ecke S6)

Programm

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Freitag, 21. November 2003

9:00 Einführung
Renate Pasch (IDS Mannheim)
9:15 Konzessivität aus typologischer Perspektive
Bernd Kortmann (Freiburg)
10:15 Konzessivität und konzessive Konnektoren im Deutschen
Eva Breindl (IDS Mannheim)
11:15 Konzessive Ausdrücke im Niederländischen
Ad Foolen (Nijmegen)
12:15 Mittagspause
14:00 Konzessive Konstruktionen im Portugiesischen im Vergleich mit dem Deutschen
Eberhard Gärtner (Leipzig)
15:00 Konzessivität im Russischen
Una Patzke (Mainz)
16:00 Abschlussdiskussion

Wir laden alle Interessierten herzlich ein.

Organisatoren: Hardarik Blühdorn, Eva Breindl, Renate Pasch, Ulrich H. Waßner
Homepage der Projektgruppe