Sprache in Politik und Gesellschaft: Perspektiven und Zugänge
09. bis 11. März 2021
Mit der Jahrestagung 2021 lenkt das IDS den Blick auf die Wechselbeziehung zwischen Sprachgebrauch bzw. sprachlichem Handeln und der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit. Damit ist ihr Gegenstandsbereich die politische und gesellschaftliche Dimension von Sprache, und das Institut entspricht in besonderer Weise seiner Aufgabe, die Sprache in der Gegenwart und in ihrer jüngeren Geschichte zu untersuchen.
Die Tagungsidee ist in einer Zeit entstanden, in der sich Wissenschaft, und insbesondere die Geisteswissenschaften, die Frage nach ihrer Positionierung stellen. Die Herausforderungen, vor denen Politik und Gesellschaft heute stehen und die mit der Infragestellung von bisherigen Gewissheiten zu tun haben, stellen die Geisteswissenschaften vor die Frage, ob und inwieweit sie sich außerhalb der Gesellschaft oder in sie hinein stellen, ob und inwieweit sie Forschung mit einer Disposition zur Öffentlichkeit betreiben. Dies bedeutet: nicht nur die Bereitschaft haben, Erkenntnisse und Befunde der Öffentlichkeit sichtbar zu machen und ihr z.B. die Ergebnisse sprachlicher Analysen zu vermitteln – das wäre eine Position außerhalb der Gesellschaft, in der die Wissenschaft die Beobachterrolle hätte. Sondern es geht bei einer Disposition zur Öffentlichkeit um den Anspruch, die Rolle einer „Voice“ (Blommaert) innerhalb der Gesellschaft zu haben.
Die Diskussion dazu wird innerhalb der Fächer geführt. Es finden sich eine Reihe von Ansätzen gesellschaftskritischer Perspektiven und die Frage, ob die Linguistik, Soziologie, Geschichtswissenschaft etc. politisch sein darf, muss oder sollte, scheint bejaht zu werden.
Mit diesem Anspruch bekommen Themen aus dem Bereich Sprache und Politik sowohl gegenwarts- als auch vergangenheitsbezogen neue Relevanz. Neben Themen, die die Forschungen zur Sprache und Politik bis heute prägen und zu denen etwa die ideologische bzw. ideologisierte Kommunikation gehört, zählen zu den wesentlichen thematischen Dimensionen außerdem: die Rolle der sozialen Medien in der Demokratie, das Verhältnis von Öffentlichkeit und Macht, Vertrauensbildung und Gewaltausübung. Auch die bisher in der politolinguistischen Forschung wenig beachtete Dimension des Gefühlsausdrucks ist ein Thema von Relevanz. Dies sind nur einige der thematischen Dimensionen, die der Gegenstand hat.
Das Tagungsthema ist nicht nur adressiert an Fachkolleginnen und Fachkollegen, sondern ebenso an Lehrende und Lernende, Journalisten und Journalistinnen, Politiker und Politikerinnen.
Im Zeichen der wirtschaftlichen Globalisierung und eines weltweit agierenden Populismus ist darüber hinaus die Perspektive der internationalen Linguistik in besonderer Weise von großem Interesse. Dem wird in dem Abschlussgespräch der Tagung entsprochen.
Das Tagungsthema soll in unterschiedlichen Hinsichten einen weiten Horizont erschließen. Es ist notwendigerweise transdisziplinär angelegt, sodass Politologie, Soziologie und Geschichtswissenschaft beteiligt sind. Rhetorik, Hermeneutik und Lexikologie, Diskurs-, Kommunikations- und Interaktionsanalyse sind einige der Zugänge, die diskutiert und etwa für die Sprachgeschichtsschreibung fruchtbar gemacht werden. Ein besonderer Akzent wird auf diverse Ansätze der Korpuslinguistik gelegt, die der Sprache-und-Politik-Forschung neue Perspektiven erschließen.
Der Spannungsbogen von Theorie und Praxis wird deutlich, wenn Wissenschaft, Gesellschaft und Politik das Thema "Sprache und Gewalt" in einer öffentlichen Veranstaltung diskutieren.
Programmausschuss:
Helmuth Feilke, Heidrun Kämper, Albrecht Plewnia, Britt Marie Schuster, Angelika Storrer