Hardarik Blühdorn (IDS)
Zur Syntax adverbialer Satzverknüpfungen: Deutsch - Portugiesisch - Italienisch
Abstract
Der Vortrag untersucht die grammatische Realisierung satzförmiger und satzwertiger Verbgruppen- und Satzadverbialia im Deutschen im Vergleich mit den romanischen Sprachen Portugiesisch und Italienisch. Semantisch haben solche Adverbialia die Funktion, ihren Matrixsatz durch die Beschreibung von "Umständen" zu erweitern. Häufig, aber nicht immer, stellen sie einen zeitlichen oder epistemischen Auswertungskontext für den Matrixsatz bereit.
Satzwertige Adverbialia können formal recht unterschiedlich realisiert werden (Beispiele hier nur aus dem Deutschen):
- als durch einen Subjunktor eingeleitete Nebensätze (Anna wurde geboren, als Otto 44 war);
- als uneingeleitete Nebensätze (ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich's gänzlich ungeniert);
- als durch einen Subjunktor eingeleitete Partizipial- bzw. Gerundialgruppen (danke für den Hinweis, den ich selbst, da schlafend, nicht nutzen konnte);
- als uneingeleitete Partizipial- bzw. Gerundialgruppen (Hegel, Hölderlin und Schelling pflanzen in Tübingen einen Freiheitsbaum und umtanzen ihn, revolutionäre Lieder singend);
- als durch eine Präposition eingeleitete Infinitivgruppen (der Präsident hat das Angebot, ohne zu zögern, akzeptiert).
Die formalen Ausdrucksmittel werden in den Vergleichssprachen unterschiedlich stark und mit unterschiedlicher Funktion genutzt. Für das Deutsche sind finite, durch einen Subjunktor eingeleitete adverbiale Nebensätze typisch. Partizipial- und Infinitivgruppen sind im Deutschen formal stets subjektlos. Ihre semantische Subjektstelle muss durch ein Argument aus dem Matrixsatz oder aus dem Kontext gesättigt werden. Bei Partizipialgruppen führt die Subjektlosigkeit dazu, dass sich neben der Deutung als Adverbialia stets auch syntaktische Interpretationen als Prädikative und/oder satzwertige Attribute anbieten. Infinitivgruppen kommen nur in eng umschriebenen Fällen als Adverbialia in Frage, insbesondere nach den Präpositionen um, ohne und (an)statt. In der Regel muss bei ihnen das Subjekt des Matrixsatzes zugleich als Subjekt des Infinitivs interpretiert werden.
In den romanischen Sprachen werden infinite Ausdrücke weitaus vielfältiger adverbial gebraucht als im Deutschen. Im Portugiesischen und Italienischen können Gerundial- und Partizipialgruppen eigene Subjekte aufweisen. Dadurch drängen sich prädikative oder attributive Strukturlesarten viel weniger auf als bei den Partizipialgruppen des Deutschen. Infinitivgruppen können im Portugiesischen (marginal auch im Italienischen) eigene Subjekte haben. Sie treten nach einer Vielzahl von Präpositionen auf und sind als adverbiale Umstandsbestimmungen hochfrequent. Durch einen Subjunktor eingeleitete finite adverbiale Nebensätze werden im Portugiesischen und Italienischen dagegen seltener verwendet als im Deutschen. Insgesamt hat die unterschiedliche Nutzung adverbialer Verknüpfungsmittel deutlich wahrnehmbare Auswirkungen auf die einzelsprachspezifischen Textstile.