Dynamische Aspekte der Argumentinterpretation: Eine sprachübergreifende Perspektive
Abstract
Mit Sicherheit ist es unbestritten, dass die Eigenschaften und die Interpretation eines Argumentes innerhalb eines Ereignisses eine Funktion der semantischen Eigenschaften des Verbs sind. Aus einer Sprachverarbeitungsperspektive gilt hingegen als gesichert, dass man ein potentielles Argument hinsichtlich dieser Eigenschaften aber bereits zu interpretieren versucht, bevor das Verb zur Verfügung steht. Aus der psycho-/neurolinguistischen Forschungstradition wird man daher stets mit der Frage nach der Tiefe dieser Verarbeitung konfrontiert. Welche Mechanismen oder Strategien werden zur Entscheidungsfindung angewandt, sind diese hierarchisch oder interaktiv angeordnet und zu welchem Zeitpunkt entscheidet man sich im Falle der Mehrdeutigkeit für eine Lösung?
In unserem Beitrag wollen wir zeigen, dass aus einer dynamischen – hier im Sinne der Zeitdimension verstandenen – Perspektive die Bedeutungskonstitution eines Argumentes einem sprachübergreifend zu findenden Verlaufsschema folgt, welches sowohl hierarchisch als auch interaktiv ist. Diese als universell anzusehende Architektur resultiert einerseits aus den zugrunde liegenden neurophysiologischen/-anatomischen Beschränkungen, andererseits aber auch aus den allen Sprachen inhärent zugrunde liegenden Gemeinsamkeiten. Abschließend werden wir auf der Grundlage von experimentellen Daten dafür argumentieren, dass die in der bewussten Bewertung sprachlicher Phänomene zu beobachtende Varianz gegenwärtig eher als Resultat der Aufgabenumgebung, denn als eine der Sprache zuzuordnende Eigenschaft interpretiert werden sollte.