Heike Behrens (Universität Basel)

Die Grenzen des lexikalischen Lernens: Konstruktionsprozesse im Spracherwerb

Abstract

Der Konstruktionsbegriff hielt seinen Einzug in die Spracherwerbsforschung durch gebrauchsbasierte Lerntheorien, nach denen sprachliche Strukturen als Form-Funktionseinheiten aus dem Input abgeleitet werden. Abstraktionseinheit ist dabei die Äußerung in ihrer situativen Gebundenheit. Die Konstruktion wird hier gefasst als Einheit mit mehr oder weniger großer Produktivität: Teile der Konstruktion können lexikalisch fixiert sein, oder aber produktiv und durch andere Ausdrücke ersetzbar. Der Kontrast zum Valenzbegriff liegt darin, dass die lexikalischen Eigenschaften Syntax nicht projizieren, sondern dass sowohl die Eigenschaften der Lemmata als auch die der Morphosyntax aus ihrem Vorkommen in konkreten Sätzen abgeleitet werden müssen.

Empirisch konzentriert sich die Forschung auf die Ermittlung der Generalisierungsprozesse und auf die Dokumentation des Sprachangebots, insbesondere in seinen usualisierten Mustern in typischen Interaktionssituationen. Aus sprachvergleichender Perspektive stellt sich die Frage, ob die langsam einsetzende Abstraktion im Englischen an der vergleichsweise starken lexikalischen Gebundenheit sprachlicher Strukturen in dieser Sprache liegt, und ob nicht stärker analytische Sprachen wie das Deutsche mit ihrer größeren morphosyntaktischer Variabilität die Abstraktion grammatischer Relationen erleichtern. Bislang weniger untersucht ist die generative Kraft des Konstruktionsbegriffs, denn sobald Aspekte einer Konstruktion abstrahiert worden (= produktiv) sind, sollten sie auf neue Situationen übertragen werden können.

In diesem Vortrag werde ich die theoretischen Grundannahmen erläutern und anhand von Studien zum Erwerb des Deutschen zeigen, wie das Konstruktions-grammatische Paradigma umgesetzt und getestet wird.