Sprache, Stimme, Schrift. Zur Medialität der Kommunikation
Abstract
Sprachliche Kommunikation existiert - das ist bereits ein Gemeinplatz - stets nur als in Medien verkörperte Sprache; dabei sind Stimme (auch: analog) und Schrift (auch: digital) von besonderer Bedeutung, insofern deren materiale Unterscheidung die mediale und konzeptuelle Unterscheidung von gesprochener und geschriebener Sprache praktisch wie theoretisch begründet. Wenn wir uns aber dem Sprachlaut und dem Graphem als Medien der Sprache zuwenden, stoßen wir auf einen merkwürdigen Sachverhalt: denn beide können als Medien unserer Sprachlichkeit überhaupt nur fungieren, insofern ihnen zugleich etwas eigen ist, das die Ordnung des Sprachlich-Diskursiven überschreitet und sich öffnet hin zur Ordnung des Ikonisch-Bildlichen. Was das heißt, wird in einer Betrachtung der Performanz des Lautlichen und anhand des Phänomens der Schriftbildlichkeit erläutert.
Der Vortrag entfaltet also diese implizite Bildlichkeit, die der Stimme wie auch der Schrift eigen ist und fragt nach den Konsequenzen für unser Konzept von Sprache. Ein spekulativer und vielleicht auch provozierender Ausblick steht am Ende: Befinden wir uns in einer Situation, in welcher die die Sprachwissenschaft als autarkes Fach stiftende Autonomisierung der Sprache zum System - und zwar autonom nicht nur gegenüber ihrem jedesmaligen Gebrauch, sondern auch gegenüber dem Bild als der zweiten elementaren humanen Symbolisierungsleistung - wieder ein Stück weit zurück zu nehmen ist? Ist die mit Lessings Laokoon kanonisch gewordene Bifurkation von Sprache und Bild zu relativieren und zwar so, dass nicht nur das Kommunikationsgeschehen in seiner Verschwisterung von sprachlichen und bildlichen Momenten einsichtig wird, sondern auch so, dass nach dem Beitrag der Sprachtheorie für die gegenwärtigen Debatten der Bildtheorie gefragt werden kann?