Prof. Dr. Werner Holly (Chemnitz)

Besprochene Bilder - bebildertes Sprechen. Audiovisuelle Transkriptivität in Nachrichtenfilmen und Polit-Talkshows

Abstract

Für die klassischen audiovisuellen Medien Tonfilm und Fernsehen wie für bestimmte Formen in neuen Medien (z.B. Videos, DVDs) ist die Kombination von Sprache, Bildern und Tönen konstitutiv. Wie das audiovisuelle Zusammenspiel genau funktioniert, darüber ist aber wenig bekannt. Zur theoretischen Fundierung schließe ich an Ludwig Jägers - metaphorisch so formuliertes - Konzept der "intermedialen Transkriptivität" an: Es gibt demnach unmittelbare Bezugnahmen auf Zeichen anderer Symbolsysteme, als Verfahren des Kommentierens, Paraphrasierens, Erläuterns, Explizierens und Übersetzens, wobei die andersartigen Zeichen durch Transkription "anders lesbar" gemacht werden.

Während sich in (ebenfalls audiovisuellen) spontanen Face-to-face-Kommunikationen die transkriptiven Bezüge quasi-automatisch entfalten, müssen sie in technischen Medien gestaltend hergestellt und nach Möglichkeit kontrolliert werden. Hier steuern auch die medientech-nischen, institutionellen und soziokulturellen Bedingungen als Dispositive die Transkriptionsverfahren, die musterhafte Formen mit spezifischen Funktionen ausbilden. So entstehen durch kulturelle Praktiken genretypische Sprach-Bild-Ton-Zeichen, z.B. in Nachrichten(agentur)filmen, wo authentisierende Bilder und O-Töne durch Sprechertexte kulturell spezifiziert verständlich gemacht werden, oder in Talkshows, wo die Kameraarbeit durch visuelle Inszenierung die sprachliche und körperliche Performanz der Akteure gliedernd und kommentierend überschreibt. Solche Verfahren, Regeln oder Muster sind theoretisch, zunächst aber empirisch zu beschreiben, durch (hier exemplarisch vorgeführte) Produktanalysen, aus denen sie indirekt erschließbar werden, andererseits durch (noch zu leistende) teilnehmende Beobachtung des Produktionsprozesses.