Selbstverständnis und öffentliche Rezeption von Grammatikographie in Geschichte und Gegenwart
Abstract
Wie Grammatikschreiber ihre Aufgabe verstehen und die Ziele ihrer Arbeit definieren, hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab: der Interpretation ihres Gegenstandes, der historischen und wissenschaftsgeschichtlichen Situation, der fachlich-theoretischen Ausrichtung, ggf. der institutionellen Einbindung, der Adressierung und dem intendierten Ort des Werks auf einer Skala zwischen wissenschaftlicher (Referenz-)Grammatik und anwendungsbezogener/didaktischer Grammatik, letztlich aber auch von den Erwartungen der Öffentlichkeit. Die "Wirkung" von (wissenschaftlicher) Grammatikographie im engeren Sinne, also im Sinne der Frage, ob und inwieweit die Regelformulierungen in Grammatiken das Sprachverhalten insgesamt beeinflussen, ist empirisch schwer nachzuweisen. Für vergangene Epochen, in denen die deutsche Standardsprache noch nicht "existierte", wird jedenfalls ein prägender Einfluss der Grammatiker behauptet.
Der Blick auf die fernere Historie der Grammatikschreibung wird eher knapp ausfallen, der Vortrag wird sich auf die großen Grammatiken des 19. und des beginnenden 20. Jhs. sowie den aktuellen Stand konzentrieren. Thematisiert werden soll auch die "neueste" Situation, die durch die Verfügbarkeit großer Korpora verändert wurde.
Schwerpunkte werden sein:
- selbstreflexive Aussagen in Grammatiken zu Aufgaben, Zielen, zum Gegenstand "deutsche Sprache", zum Verhältnis zwischen Norm und Variation/Abweichung, zu Deskription und Präskription
- das Verhältnis zwischen diesen selbstreflexiven Aussagen und der praktischen Umsetzung im Werk selbst
- die Interaktion zwischen Selbstverständnis und fachinternen Parametern (Sprachkonzeption, Wissenschaftsentwicklung, Schulenbildung usw.) sowie externen Parametern (Erwartungen und Reaktion von Öffentlichkeit)