Prof. Dr. Angelika Linke

Vergesellschaftung – Was Sprache, Kultur und Gesellschaft miteinander zu tun haben

Abstract

Im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich aus der Überlagerung und zunehmenden Verquickung des "linguistic turn" und des "cultural turn" in den Geistes- und Sozialwissenschaften eine neuartige Sensibilisiertheit auf Sprache herausgebildet. An dieser (Wieder-)Entdeckung der 'Kulturalität von Sprache' bzw. der 'Sprachlichkeit von Kultur' hat sich allerdings ausgerechnet die Linguistik trotz ihrer entsprechenden Wissenstraditionen nur spät und zögerlich beteiligt.

Die neue Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang von Sprache und Kultur war und ist stark erkenntnistheoretisch sowie konstruktivistisch geprägt, Sprache erscheint als Mittel der "Gestaltung zur Welt" (Cassirer) und damit auch als Mittel der Formung von Wissen, von Erfahrung und Gedächtnis; Kultur erscheint entsprechend als ein "Bedeutungsgewebe" (Geertz) bzw. als "Text", dem gegenüber eine interpretative Haltung angemessen bzw. erforderlich ist. Dabei ist aus dem Blickfeld geraten, dass wir mit Sprache, im Sprachhandeln, nicht nur Bedeutungen, sondern auch Beziehungen und soziale Konfigurationen herstellen. Auch die Konstruktion von Gesellschaft ist eine sprachlich-kommunikative Angelegenheit.

Ich möchte in meinem Beitrag der Frage nachgehen, wie in alltäglicher Kommunikation spezifische Formen der Vergesellschaftung geleistet werden und wie sich das Verhältnis zwischen kommunikativen Mustern und sozialen Konfigurationen aus kulturanalytischer Perspektive beschreiben lässt.