PD Dr. Barbara Hemforth

Psycholinguistische Methoden zur Untersuchung des Satz- und Textverstehens

Abstract

Dem Verstehen von Sätzen und Texten liegen vielschichtige Prozesse zugrunde, die letztlich in einer mehr oder weniger guten Repräsentation des sprachlichen Materials in Form eines mentalen Situations- oder Diskursmodells resultieren. Jeder dieser Teilprozesse spielt eine Rolle für das Resultat des Verstehens, jedoch oft zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Gewichtung. Um ein Gesamtmodell des Textverstehens erstellen zu können, müssen experimentelle Methoden zum Einsatz kommen, die Prozesse unterschiedlicher Korngröße erfassen können.

In diesem Vortrag werde ich anhand anschaulicher Beispiele zeigen, mit welchen Mitteln die moderne psycholinguistische Forschung diese Fragen angeht. Ich werde mich dabei auf Verfahren konzentrieren, die sehr feine und frühe Prozesse sowohl beim Lesen als auch beim Hören von Texten erfassen. Dazu zählt etwa die Messung von Blickbewegungen beim Lesen, aber auch das Scannen visueller Szenen beim Hören von Texten (wie es etwa Kinder beim Vorlesen von Bilderbüchern tun), das oft recht direkt die aktuelle Interpretation widerspiegelt. An ausgewählten Beispielen werde ich zudem demonstrieren, welche weitergehenden Erkenntnisse uns die Messung von EEG-Mustern (sogenannte ereignis-korrelierte Potentiale) beim Satz- und Textverstehen bringt.