Mündlichkeit / Schriftlichkeit in den Neuen Medien
Abstract
Neue Kommunikationstechnologien haben Auswirkungen auf lokale Sprach- und Kommunikationsgemeinschaften, aber auch globalisierte Kommunikationszusammenhänge. Die digitale Revolution ist in vollem Gange und noch längst nicht abgeschlossen und sie ist nicht die erste Revolution im Hinblick auf mediale Kommunikationstechnologien. Die Entwicklung der Schrift, die skriptographische Revolution, die Erfindung des Buchdrucks, die typographische Revolution, und die Erfindung der Ton- und Filmträger, die phonographische und telematische Revolution, waren entscheidende Etappen im Hinblick auf massenmediale Kommunikationsformen, die der sog. 2. Gutenberg-Revolution vorausgesetzt sind.
Vor dem Hintergrund der klassischen Medienrevolutionen sind das Internet und das Handy keine "neue" Medien, sondern Technologien, in der "alte" Medien integriert sind. So wird zu Recht das Internet als "Multimedium" oder "Hybridmedium" bezeichnet. Intermedialität und funktionale Abstimmung unterschiedlicher Einzelmedien bilden das Fundament der Hybridisierung. Dies findet seinen Niederschlag im Konzept von Hypermedia, in dem Bild, Ton und Schrift integral und durch Linkstrukturen vernetzt aufeinander bezogen sein können.
Hypermedia sind Hypertexte in Kombination mit Multimedia. Ein wesentlicher Aspekt von Hypermedia bildet die Hypertexttechnologie, die als Medium der nicht-linearen Organisation von Informationseinheiten ein starkes Potenzial zur Interaktivität und Interaktion aufweist, die partiell synchron erfolgt (Chat-Kommunikation) und die analoge Strukturen von Face-to-Face-Kommunikationen zeigt. Damit verbundene Rückkopplungseffekte von der gesprochenen Sprache auf die Schriftsprache sind die Phänomene, die in linguistischer Perspektive besonders gut untersucht und die Gegenstand breiter Diskussionen in der Öffentlichkeit sind, insofern sie als Sprach- und Kulturverfall wahrgenommen werden: "Richtige Grammatik ist […] zur Glückssache geworden, vom orthografischen Durcheinander seit der Rechtschreibreform ganz zu schweigen. Die Handy-Kurzmitteilungen und der E-Mail-Verkehr haben bereits ihre Spuren hinterlassen: Eine eilige, phonetisch gebrauchte Umgangssprache verdrängt die korrekte Schriftsprache" (Neue Osnabrücker Zeitung vom 29.11.2003). Gegenüber hartnäckig festsitzenden Vorurteilen, die die Folie kulturpessimistischer und sprachpuristischer Haltungen bilden, geben allgemein linguistische und sprachsoziologische Untersuchungen zu durch die digitale Revolution ausgelösten sprachlichen Entwicklungen keine Hinweise auf einen durchgreifenden Sprachverfall. Allerdings entstehen auf der Folie sprachlicher Variation funktionale Schriftvarianten, die sich in Konkurrenz zu Standardisierungs- und Normierungsprozessen ausbilden: medial und kommunikativ optimiert.