Vom Diskurs zum Standard. Grammatikalisierungs- und Pragmatikalisierungserscheinungen im alltäglichen Sprachgebrauch
Abstract
Am Beispiel von obwohl-, wobei- und weil-Konstruktionen mit Verbzweitstellung möchte ich Prozesse der Grammatikalisierung bzw. Pragmatikalisierung im gegenwärtigen gesprochenen Deutsch aufzeigen und zugleich veranschaulichen, wie sich bestimmte, als "ungrammatisch" geltende Konstruktionstypen ausbreiten, stabilisieren und zunehmend auch in neuen Kontexten verwendet werden.
Typisch für die vorliegenden Konstruktionen ist, dass sie keine Ausnahmeerscheinungen darstellen, dass sie von so genannten "Sprachpflegern" energisch attackiert werden, von MuttersprachlerInnen, die diese Konstruktionen selbst durchaus verwenden, häufig noch abgestritten werden, und dass sie in ihrer "Abweichung vom Standard" gewissen Regeln folgen.
Ergebnisse empirischer Untersuchungen solcher gesprochen-sprachlicher Standardabweichungen konfrontieren uns mit Fragen, wie:
(i) Weisen die vorliegenden Konstruktionen bestimmte Funktionen auf, die systematisch zu beschreiben sind? Gibt es hierbei also systematische Form-Funktions-Korrespondenzen?
(ii) Handelt es sich um vorübergehende, regional bzw. sozial begrenzte Erscheinungen oder aber um Konstruktionen, die in einigen Jahren vielleicht Teil der Standardsprache sein könnten?
(iii) Sollten wir diese Konstruktionen im Deutsch als Fremdsprachen-Unterricht korrigieren - auch wenn deutsche MuttersprachlerInnen sie im Alltag verwenden?