Dr. Manfred Sailer (Tübingen)

Distributionsidiosynkrasien. Korpuslinguistische Erfassung und grammatiktheoretische Deutung

Abstract

Es ist eine alte Beobachtung, dass die Verteilung von Wörtern in Texten ist nicht frei. Vieles lässt sich auf allgemeine Eigenschaften des Textes zurückführen, auf syntaktische, semantische und pragmatische Eigenschaften der auftretenden Wörter, oder auf Eigenschaften des Textproduzenten und -adressaten. Berücksichtigt man dies alles, so bleibt dennoch ein nicht-reduzierbarer Rest an Distributionseigenschaften übrig.

Im ersten Teil des Vortrags motivieren wir anhand von Daten zu unikalen Elementen (TACHELES reden) und Polaritätselementen (sich [nicht] um etwas SCHEREN) die Annahme solcher Distributionsbeschränkungen und argumentieren, dass sie zum linguistischen Wissen eines Muttersprachlers gehören.

Im zweiten Teil diskutieren wir die Möglichkeiten, vorhandene korpuslinguistische Werkzeuge zur automatischen Extraktion von Distributionsbeschränkungen einzusetzen. Da diese Beschränkungen z.T. auf grammatische Kategorien (wie Negation) Bezug nehmen, sind linguistisch annotierte Korpora notwendig.

Schließlich skizzieren wir im dritten Teil, wie ein formales Grammatikmodell um eine Distributionskomponente erweitert werden kann und welche neuen Erklärungsperspektiven aber auch grundsätzlichen Fragen sich dabei eröffnen.