Die Kommunikation in Orchesterproben: zwischen Sprache, Gestik, Gesang und Musik

Dr. Monika Messner, Universität Innsbruck (Österreich)
am 26. Februar 2025, 14:00 Uhr
IDS Mannheim, Vortragssaal
Abstract:
Wie vermittelt der/die Dirigent:in den Musiker:innen in einer Orchesterprobe, was er:sie hören möchte? Diese einfache Frage veranschaulicht grob das, mit dem sich Monika Messner in ihrer Forschung zu Orchesterproben beschäftigt: die Praktiken, mit denen in einer Orchesterprobe kommuniziert und interagiert wird. In einer Orchesterprobe erarbeiten Beteiligte gemeinsam ein musikalisches Werk, das anschließend öffentlich zur Aufführung gebracht wird. In diesem institutionellen Setting zeichnet sich ein Zusammenspiel von unterschiedlichen bedeutungstragenden Ressourcen ab, das die Interaktion zwischen Dirigent:in und Musiker:innen organisiert und vorantreibt: Worte (Verbales), Hand- und Körperbewegungen sowie Körperhaltungen (Gestisches) und gesungene Demonstrationen (Vokales) des/der Dirigent:in wechseln mit gespielten Tönen der Musiker:innen (Musikalisches) ab. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen multimodal realisierte Handlungstypen, allen voran der Handlungstyp des Instruierens und des Korrigierens, der maßgeblich für Orchesterproben ist. Es wird danach gefragt, wie Instruktionen in Orchesterproben gegeben werden, welche Modalitäten dabei zum Einsatz kommen und wie die Musiker:innen musikalisch – aber nicht nur – darauf reagieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem mehrsprachigen Charakter von Orchesterproben. In einer Probe treffen eine Reihe von Akteur:innen – Dirigent:in und Musiker:innen – mit unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Voraussetzungen aufeinander und müssen einen gemeinsamen Code finden, um erfolgreich miteinander zu kommunizieren. In einer solchen mehrsprachigen Kommunikationskonstellation stellt sich die Frage, wann welche Sprache(n) wofür eingesetzt wird/werden. Als Grundlage für die Analyse von instruktiven, korrektiven und mehrsprachigen Praktiken dient ein multimodales Korpus, d.h. Videoaufnahmen von Proben französischer, italienischer und belgischer Sinfonieorchester. Ziel ist es, zu zeigen, wie der Einsatz unterschiedlicher Sprachen und instruktiv-multimodaler Handlungen zur Herstellung einer sozialen Ordnung und Realität im institutionellen Kontext der Orchesterprobe beiträgt, d.h. wie ein doing rehearsal zwischen Dirigent:in und Musiker:innen zustande kommt.
Zur Person:
Monika Messner arbeitet zurzeit als Postdoc für französische und italienische Sprachwissenschaft am Institut für Romanistik an der Universität Innsbruck. Ihr Doktoratsstudium in Romanistik/Italienisch absolvierte sie an der Universität Salzburg, das sie im April 2021 mit einer Arbeit zur mehrsprachigen und multimodalen Interaktion zwischen Dirigent:innen und Musiker:innen in Orchesterproben abschloss. Seit September 2021 widmet sich Monika Messner ihrer Habilitationsschrift, in der sie untersucht, wie Zeit und Raum in der Tourismuskommunikation – mit Fokus auf Tourismuswerbung – multimodal inszeniert werden. In ihrer Forschung spielen außerdem Italianismen im gesprochenen Südtirolerisch, gesanglich-gestische Demonstrationen von Dirigent:innen in Orchesterproben sowie Mehrsprachigkeit in Speisekarten eine Rolle. Mit dem Singen bzw. mit Vokalisierungen in Orchesterproben setzt sich Monika Messner intensiver in einem vom Land Tirol geförderten Projekt auseinander, in dem sie analysiert, wie, wann und wo Vokalisierungen von Dirigent:innen in der Interaktion mit den Musiker:innen eingesetzt werden und welche spezifischen Funktionen diese – vor allem im Vergleich zu Sprache – erfüllen.