Humboldtstipendiatin forscht am Institut für Deutsche Sprache über Satzkonnektoren Deutsch-Italienisch
Mit einem Humboldt-Forschungsstipendium für erfahrene Wissenschaftler forscht die Linguistin Dr. Miriam Ravetto seit drei Monaten als Gastwissenschaftlerin am Institut für Deutsche Sprache, Mannheim. Gemeinsam mit Ihrem Projektpartner Prof. Dr. Hardarik Blühdorn arbeitet sie im Rahmen des IDS-Projekts Satz- und Satzgefüge kontrastiv: Deutsch – Portugiesisch – Italienisch an der vergleichenden Darstellung der Satzkonnektoren im Italienischen und Deutschen. Die Projektergebnisse kommen der einzelsprachlichen Grammatikforschung und Sprachvermittlung zugute.
Ravettos Arbeit knüpft an die langjährige IDS-Tradition der Konnek-torenforschung an und macht deren Ergebnisse für den Sprachvergleich nutzbar. Im Italienischen sind Satzverknüpfungen noch deutlich weniger erforscht als im Deutschen. Aber auch über das Deutsche kann der Sprachvergleich neue Erkenntnisse hervorbringen. Zum Beispiel fällt durch den Vergleich mit den romanischen Sprachen die sonst nur selten beobachtete Besonderheit des Deutschen auf, dass Nebensätze so gut wie immer ein finites Verb haben wollen.
„Während Italien bei der Fußballweltmeisterschaft vorzeitig ausgeschieden ist, kann die italienische Grammatik mit Möglichkeiten aufwarten, von denen das Deutsche nur träumen kann.“, sagt Dr. Miriam Ravetto. Ein Beispiel seien die zahlreichen Möglichkeiten, Sätze mit Infinitivgruppen, Partizipien oder Gerundien zu bilden.
Der Sprachreichtum kann jedoch zum Problem für italienische Deutschlerner werden, wenn sie versuchen, die Formulierungen ihrer Muttersprache ins Deutsche zu übertragen. Ein Beispiel: „Junge Leute können sich eine virtuelle Welt schaffen und entscheiden mit wem Freundschaft zu schließen.“ Auf Deutsch müsste hier anstelle des zu-Infinitivs ein Nebensatz mit einem finiten (bezüglich Person und Tempus bestimmten) Verb folgen: „... mit wem sie Freundschaft schließen wollen.“
Andere Schwierigkeiten können entstehen, wenn Wörter nur scheinbar äquivalent sind. Zwei weitere Bespiele: „Als ich in Spanien als Austauschstudentin studieren werde, will ich auch einen deutschen Kurs besuchen.“ „Ich nehme meinen Computer immer mit, denn ich wichtige Daten und Adressen darin habe.“ Das deutsche als kann nicht immer an die Stelle des italienischen quando treten. Das deutsche denn kann, anders als das italienische perché, keine Nebensätze einleiten.
Dr. Miriam Ravetto hält sich von Mai bis August 2014 als Stipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim auf.
In der Abteilung Grammatik des Instituts für Deutsche Sprache ist sie 2014 bereits zum zehnten Mal zu Gast. Zusammen mit ihrem Projektpartner und Humboldt-Gastgeber Prof. Dr. Hardarik Blühdorn untersucht sie im Rahmen des IDS-Projekts Satz und Satzgefüge kontrastiv: Deutsch – Portugiesisch – Italienisch Konjunktionen und satzverknüpfende Adverbien. Aus der gemeinsamen Forschung sind schon mehrere Aufsatzveröffentlichungen hervorgegangen. Zur Zeit entsteht eine längere Untersuchung, die 2015 in der Online-Reihe OPAL erscheinen soll.
Dr. Ravetto vertritt, unterstützt durch zwei Lektorinnen, das Fach Deutsche Sprachwissenschaft und Übersetzung an der Università del Piemonte Orientale in der norditalienischen Stadt Vercelli. Sie unterrichtet die 150 Studierenden im Bachelor-Studiengang und die 30 Master-Studenten, die sich an ihrer Universität auf die deutsche Sprache spezialisiert haben. Im Unterricht befasst sie sich mit unterschiedlichen Fragen der Germanistischen Sprachwissenschaft einschließlich der Geschichte des Deutschen. Einer ihrer Schwerpunkte ist das Frühneuhochdeutsche.
Ihre wichtigsten Forschungsgebiete zur Gegenwartssprache sind Syntax und Semantik komplexer Sätze (Gefüge aus Haupt- und Nebensätzen), Sprache und räumliche Orientierung (Wegbeschreibungen und Touristenführungen) und interkulturelle Pragmatik (Verständigung zwischen Angehörigen unterschiedlicher Kulturen) im Sprachvergleich Deutsch-Italienisch.
Mit dem Humboldt-Forschungsstipendium für erfahrene Wissenschaftler und Postdoktoranden haben Forscherinnen und Forscher die Möglichkeit, ein selbst gewähltes langfristiges Forschungsvorhaben in Kooperation mit einem selbst gewählten wissenschaftlichen Gastgeber an einer Forschungseinrichtung in Deutschland durchzuführen.
Das Institut für Deutsche Sprache
Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) ist die zentrale außeruniversitäre Einrichtung zur Erforschung und Dokumentation der deutschen Sprache in ihrem gegenwärtigen Gebrauch und in ihrer neueren Geschichte. Das IDS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 89 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder. Näheres unter: www.ids-mannheim.de und www.leibniz-gemeinschaft.de
Die Alexander von Humboldt-Stiftung
Jährlich ermöglicht die Humboldt-Stiftung über 2.000 Forschern aus aller Welt einen wissenschaftlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Stiftung pflegt ein Netzwerk von weltweit mehr als 26.000 Humboldtianern aller Fachgebiete in über 140 Ländern – unter ihnen 50 Nobelpreisträger. Weitere Informationen unter: www.humboldt-foundation.de