Pressemitteilung, 23. September 2010

Internationale Tagung "Sprichwörter multilingual. Sprachliche Muster – kommunikative Einheiten – kulturelle Symbole"

vom 27. bis 28. September 2010 am Institut für Deutsche Sprache, Mannheim

Sprichwörter sind ein lebendiger Teil unseres Wortschatzes. Sätze wie ‘Ende gut, alles gut’, ‘Weniger ist mehr’ oder ‘Not macht erfinderisch’ sind so häufig, dass sie oft gar nicht als Sprichwörter wahrgenommen werden. Man benutzt sie, um jemandem eine Lebensweisheit zu vermitteln oder um etwas angemessen zu kommentieren. ‘Die Ratten verlassen das sinkende Schiff’ sagt man beispielsweise nicht in Situationen, in denen jemand eine Gefahr wittert und flieht, sondern dafür, dass sich jemand aus seiner Verantwortung stiehlt. Auch wenn Sprichwörter im Gegensatz zu anderen Wortgruppen relativ fest sind, werden sie in der alltäglichen Sprache trotzdem stets angepasst und verändert. Wer die Bedeutung des Sprichworts ‘Wer A sagt, muss auch B sagen’ kennt, kann auch solche Abwandlungen wie ‘Wer Argentinien sagt, muss auch Tango sagen’ oder ‘Wer Puppe sagt, muss auch Barbie sagen’ verstehen oder bilden. Alte Sprichwörter, z. B. ‘Alte Ochsen machen gerade Furchen’ oder ‘Abbitte ist die beste Buße’, vergehen, neue, wie ‘Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben’ oder ‘Der frühe Vogel fängt den Wurm’, finden Eingang in den Sprachschatz. Im Sprachvergleich lassen sich sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede im Sprichwortgebrauch feststellen. In vielen Sprachen sagt man ‘Zeit ist Geld’ oder ‘Der Fisch stinkt vom Kopf her’. Auf Regen folgt im Deutschen allerdings Sonnenschein, im Tschechischen wird es nach dem Sturm und im Ungarischen nach bedecktem Himmel heiter.

Seit November 2008 untersucht das internationale Projekt "SprichWort. Eine Internetlernplattform für das Sprachenlernen" den heutigen Sprichwortgebrauch in den Sprachen Deutsch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch und Ungarisch. Das Projekt wird für zwei Jahre vom Programm für lebenslanges Lernen / Lifelong Learning Programme (LLP) der Europäischen Kommission gefördert und von der Universität Maribor koordiniert. Beteiligt sind des Weiteren die Universitäten Trnava, Szeged, Zlín und Graz sowie das Institut für Deutsche Sprache in Mannheim.

Im Rahmen dieses EU-Projekts findet am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim vom 27. bis 28. September 2010 die internationale Tagung "Sprichwörter multilingual. Sprachliche Muster – kommunikative Einheiten – kulturelle Symbole" statt. Wissenschaftler aus 15 Ländern stellen Ergebnisse ihrer Forschungen vor. Das thematische Spektrum reicht von der Sprichwortpraxis bei Barack Obama über empirische Methoden wie Befragungen oder statistische Untersuchungen bis hin zur Rolle von Sprichwörtern in Internetforen und Chats.

Einige Beiträge befassen sich mit der Natur des Sprichworts und seiner Stellung in der Sprache aus eher theoretischer Sicht. Einen breiten Raum nehmen sprachvergleichende Untersuchungen ein, z. B. zu den Sprachenpaaren deutsch-russisch/deutsch-spanisch/deutsch-kroatisch/deutsch-arabisch oder im Kontrast zu Französisch und Bété, einer gesprochenen Sprache im Südwesten der Elfenbeinküste. Schließlich werden auch Probleme, die bei der Erarbeitung zweisprachiger Sprichwortwörterbücher bzw. bei der Vermittlung von Sprichwörtern in der Fremdsprache zu lösen sind, diskutiert. Das EU-Projekt selbst präsentiert während dieser Tagung die Ergebnisse seiner zweijährigen Arbeit. Die Sprichwörter wurden mit modernen empirischen Methoden auf der Basis großer elektronischer Textdatenbanken ermittelt, analysiert und für eine Onlinenutzung in der Sprichwortplattform aufbereitet. Die Datenbank dokumentiert Bedeutung, Gebrauch und Wandelbarkeit von 300 häufigen Sprichwörtern in den beteiligten Sprachen. Die Einträge sind mit vielen authentischen Textbelegen angereichert und wechselseitig verlinkt. Die zweite Komponente der Plattform sind interaktive didaktische Übungen, die das Verstehen und Erlernen von Sprichwörtern erleichtern sollen. Mit dem angeschlossenen Diskussionsforum wird schließlich angestrebt, den Austausch von Ideen und Konzepten innerhalb der ‘Community’ auf diesem Gebiet zu fördern.

Alle Informationen zu "SprichWort" finden Sie auf der Projekthomepage www.sprichwort-plattform.org.

Projektleitung am IDS und lokale Tagungsorganisation:

Dr. Kathrin Steyer
Institut für Deutsche Sprache
Abteilung Lexik
R 5, 6-13
68161 Mannheim
Telefon: +49 621 1581-414
Fax: +49 621 1581-200
E-Mail: steyer(at)ids-mannheim.de
Internet: www.ids-mannheim.de

Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) ist die zentrale außeruniversitäre Einrichtung zur Erforschung und Dokumentation der deutschen Sprache in ihrem gegenwärtigen Gebrauch und in ihrer neueren Geschichte. Das IDS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 86 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie drei assoziierte Mitglieder.

Näheres unter: http://www.leibniz-gemeinschaft.de.