"Wir spitten Feuer gegen die Kälte"

Warum Deutschrap für die Sprachforschung besonders tight ist, welche methodischen Ansätze Props einheimsen — und womit auch derbe Algorithmen strugglen
Keynote von Roman Schneider im Eröffnungsblock am Samstag, 9. November 2024, ab 11:30 Uhr
Popakademie Baden-Württemberg, Hafenstraße 33 in Mannheim
Weitere Informationen auch unter: https://www.popakademie.de/de/events/hiphop-symposium/
Über die popkulturell-gesellschaftliche Bedeutung von Hiphop ist schon manches gesagt worden, aber längst nicht alles und aus akademischer Perspektive unverkennbar noch nicht von allen potenziell relevanten Akteuren. Innerhalb der Germanistik — also derjenigen Disziplin, die sich genuin der Erforschung deutscher Sprache widmet — haben sich lange Zeit ausschließlich Literaturwissenschaftler damit beschäftigt, die tradierte Fokussierung auf „hochkulturelle“ Lyrik zu überwinden und Songlyrics qualitativ und quantitativ zu durchleuchten. Die linguistische Forschung dagegen hat den Wert authentischer Raps — und von Songtexten überhaupt — als Grundlage für die Erklärung sprachlicher Phänomene und Systematiken erst vor kurzem entdeckt.
Mit dem „Songkorpus“ (songkorpus.de) liegt mittlerweile eine einzigartige wissenschaftliche Datenquelle vor, die neben Hiphop auch viele andere Genres dokumentiert, mit linguistisch motivierten Metadaten anreichert und empirisch auswertbar macht. Dabei geht es nicht allein um kreative Wortschöpfungen und Codeswitching, sondern um ein breites Innovationsspektrum in Syntax, Morphologie, Sprachgebrauch und -ökonomie. Der Vortrag präsentiert aktuelle Erkenntnisse — und deckt nebenbei auf, warum die texttechnologische Analyse populärer Songs Charterfolge noch lange nicht programmierbar macht.
Kurzvorstellung des Referenten: PD Dr. Roman Schneider leitet den Programmbereich Sprachinformationssysteme am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim. Als Computer- und Korpuslinguist nutzt er statistisch-informatische Methoden zur Aufdeckung von Sprachvariation, Sprachwandel und Zweifelsfällen. Als dilletierender Gelegenheitsgitarrist ringt er um das plurimediale Zusammenspiel von Rhythmus, Melodie, Choreografie und Lyrics.